Während des Trockenwerdens sind kleine “Unfälle” völlig normal und gehören zum Lernprozess dazu. Doch wenn ein Kind im Alter von fünf Jahren oder älter Nachts einnässt, spricht man von Enuresis (griechisch für Einnässen). Bettnässen gilt als Erkrankung und zählt zu einer der häufigsten Störungen im Kindesalter. 

Tim ist sieben Jahre alt. Tagsüber ist er bereits seit 2 Jahren trocken, und das völlig ohne Probleme. Doch Nachts nässt er regelmäßig ein. Er wacht Nachts auf und mal wieder ist sein ganzen Bett nass. Voller Scham geht er dann zu seinen Eltern, die sein Bett frisch beziehen und Tim liebevoll in den Arm nehmen.

Angefangen hatte alles beim Trockenwerden. Es wollte Nachts einfach nicht klappen. Tims Eltern wollten ihn nicht unter Druck setzen, und ließen ihm einfach seine Zeit. Irgendwann wird es schon klappen, dachten sie. Doch das tat es nicht. Als Tim mit fünf Jahren, Nachts immer noch ins Bett machte, ging seine Mutter mit ihm zum Kinderarzt. Dort wurde sie aufgeklärt. Tim leidet unter Enuresis, dem nächtlichen Bettnässen.

Enuresis – Häufigste Kinderkrankheit

Das nächtliche Bettnässen ist eine der häufigsten Kinderkrankheiten. Studien belegen, dass etwa 15 Prozent der 5-jährigen, und noch 10 Prozent der 7-jährigen, darunter leiden. Auch Jugendliche und Erwachsene sind noch betroffen. Auffällig ist, dass ungefähr doppelt so viele Jungen davon betroffen sind als Mädchen.

Von Enuresis spricht man, wenn ein Kind, mit fünf Jahren oder älter, regelmäßig das Bett einnässt. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt das Bettnässen als Erkrankung und sollte daher von einem Arzt behandelt werden. Dieser wird anhand von verschiedenen Kriterien eine genaue Diagnose stellen. Dazu gehört beispielsweise, dass das Kind mindestens zwei Mal im Monat einnässt und dafür keine organische Ursache, wie eine Harnwegsinfektion oder Diabetes vorliegt.

Die zwei Arten des Bettnässens

Die WHO unterscheidet zwischen zwei Arten der Enuresis. Zum einen der primären und zum anderen der sekundären Enuresis. Beiden Arten unterscheiden sich im Auftreten des Bettnässens.

Bei der primären Enuresis sind die Kinder tagsüber trocken, nässen aber weiterhin Nachts ein. Außerdem werden diese Kinder häufig erst später trocken als gleichaltrige Kinder, und haben es noch nicht oder nur sehr selten geschafft Nachts nicht einzunässen. Weitere Symptome der primären Enuresis sind, dass die Kinder sehr tief schlafen und nur schlecht zu wecken sind. Das Einnässen passiert sehr regelmäßig und meist mit großen Mengen Urin. Eine organische Ursache für das Einnässen kann nicht gefunden werden und auch eine Erkrankung, wie ein Harnwegsinfekt, kann nicht festgestellt werden.

Als sekundäre Enuresis bezeichnet man das Bettnässen, das nach einer längeren Phase in der das Kind nachts trocken war, wieder auftritt. Die Ursachen für das plötzlich wieder auftretende Einnässen sind häufig urologischer oder psychischer Natur. So entsteht die sekundäre Enuresis häufig nach einschneidenden Erlebnissen, wie einem Schulwechsel, der Trennung der Eltern, oder nach Todesfällen in der Familie. Aber auch Stress kann ein Auslöser sein, beispielsweise durch Mobbing in der Schule, oder durch eine wichtige anstehende Klassenarbeit.

Bettnässen kann Veranlagung sein

Natürlich gibt es medizinische Ursachen für die Enuresis. In vielen Fällen ist tatsächlich eine familiäre Veranlagung der Grund für das nächtliche Einnässen. So zeigen sich in vielen Familien mehrere Geschwister, die Eltern oder Großeltern, als Betroffene. In diesen Fällen liegt eine genetisch bedingte Reifestörung vor, die die Kontrolle der Blasenfunktion hinauszögert. So kommt es zur primären Enuresis.

Neueste Studien zeigen außerdem einen direkten Zusammenhang zwischen Bettnässen und ADHS. Leidet ein Kind unter der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, kann es bestimmte Reize – unter anderen eben auch den Blasenreiz – im Gehirn nicht richtig verarbeiten, und es kommt zum Einnässen. So wurde beobachtet, das es unter Kindern mit ADHS dreimal so viele Fälle von Enuresis gibt, als bei Gleichaltrigen ohne ADHS.

Eine weitere mögliche Ursache des Bettnässens kann ein Mangel des Hormons ADH sein. Das antidiuretische Hormon, auch Antiwasserlasshormon genannt, sorgt normalerweise dafür, dass der Körper nachts weniger Urin produziert. Besteht jedoch ein Mangel dieses Hormons entsteht eine primäre Enuresis.

Therapiemöglichkeiten des Bettnässens

Zuerst die gute Nachricht: In den meisten Fällen hört das Bettnässen irgendwann ganz von alleine wieder auf. Da es bei der primären Enuresis meist an einer Reifeverzögerung liegt, weshalb eingenässt wird, verschwindet dies sobald die Reife erlangt ist. Wie lange dies jedoch dauert kann Pauschal nicht beantwortet werden, da es bei jedem Kind individuell ist.

Die Therapie der Enuresis ist abhängig von der Art der Enuresis. Bei der primären Enuresis hilft häufig nur abwarten, oder in Ausnahmefällen wie z.B einer anstehenden Klassenfahrt, eine medikamentöse Therapie. Dabei erhält das Kind ein Medikament, das die Urinproduktion reduziert, bzw. den Harndrang deutlicher macht, so dass das Kind nachts aufwacht. Werden die Medikamente jedoch wieder abgesetzt, kommt es in den meisten Fällen zu einem Rückfall und erneutem Einnässen.

Bei einer vorliegenden sekundären Enuresis hilft meist eine psychologische Behandlung, um die Ursachen zu verarbeiten und das nächtliche Bettnässen zu beenden. Hierbei arbeiten Kinderpsychologen mit dem betroffenen Kind und helfen ihm auf spielerische Weise die Ursachen zu verarbeiten.

Eine weitere Therapiemöglichkeit ist die sogenannte Klingelhose. Die Klingelhose enthält einen Sensor, der sobald er mit Urin in Verbindung kommt, ein lautes klingelndes Geräusch von sich gibt. Der Sinn ist, dass das Kind dadurch wach wird, den Urin zurückhält und zur Toilette gehen kann. Damit soll das Kind lernen wach zu werden, sobald es zur Toilette muss. Der Nutzen dieser Hose ist dabei eher umstritten, da diese Therapieart sehr anstrengend und belastend für die Familie und das Kind sein kann. Und auch die Erfolgschancen fallen sehr unterschiedlich aus. Manche Kinder lernen dadurch tatsächlich nachts häufiger wach zu werden, ihren Harndrang zu spüren, und dem nachzugehen. Bei anderen bleibt dieser Lerneffekt jedoch aus.

Eltern – der Umgang mit dem betroffenen Kind

An erster Stelle sollte für Eltern stehen, ihrem Kind die Scham zu nehmen. Bettnässen ist eine Krankheit, für dass das Kind nichts kann. Sich dafür vor der Familie zu schämen kann zu einer großen psychischen Belastung für das Kind werden. Eltern können offen mit ihrem Kind über die Krankheit sprechen und damit einen normalen Umgang mit dem Bettnässen schaffen. Strafen für das nächtliche Bettnässen sind absolut unangebracht, da das Kind keine Schuld daran trägt, oder es gar absichtlich macht. Mit viel Verständnis und Geborgenheit können Eltern ihrem Kind auf dem Weg aus der Enuresis helfen.


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