Stürzt der Familienalltag mitunter einfach über euch zusammen? Ganz ehrlich, ihr seid nicht allein! Ein Kind zu erziehen, ist manchmal einfach eine echte Herausforderung. Zwei Kinder? Ein Drahtseilakt. Drei Kinder fühlen sich an schwierigen Tagen beinahe so an, wie eine Führerscheinprüfung mit verbundenen Augen. Ein echter Blindflug.
Aber, wisst ihr was? Das ist völlig normal! Familienalltag und Kindererziehung folgen keinem starren Drehbuch. Wir haben auf unserem eigenen Weg als Eltern, eine wirklich wichtige Erkenntnis gewonnen: Verbissen perfekt sein zu wollen, schadet allen Beteiligten mehr, als es an guten Tagen helfen könnte.
Deshalb teile ich hier heute acht erprobte Tipps mit euch, die uns selber geholfen haben, wesentlich entspannter durch die alltäglichen Höhen und Tiefen der Kindererziehung zu kommen. Diese Tipps können euch dabei helfen, mehr Gelassenheit in euren Erziehungsalltag zu bringen. Weniger Stress, mehr gemeinsamen Spaß als Familie – das wünschen wir uns doch irgendwie alle. 🤗
1: Klare Regeln geben Sicherheit
Programmiertes Chaos am Morgen, immer wieder Diskussionen am Abendbrottisch, Überdrehen vor dem Zubettgehen – kommt euch das bekannt vor? Viele Familien fühlen sich manchmal wie in einem Hamsterrad gefangen. Dabei gibt es einen Weg, der mehr Ruhe in euer Zuhause bringt. Es klingt beinahe platt und abgedroschen: Klare, liebevolle Regeln.
Damit meine ich nicht die typischen strengen Vorschriften der sogenannten “alten Schule”. Ich meine Regeln, die man eher wie ein unsichtbares Sicherheitsnetz durch den Alltag betrachten kann.
Klare Regeln geben Sicherheit im Alltag
Ganz banal: Stellt euch einmal kurz vor, ihr würdet an keinem Tag wissen, wann es Essen gibt oder wann für euch Schlafenszeit ist. Der Gedanke ist komisch, oder? Genauso komisch lebt sich der Alltag für Kinder, die keine festen Strukturen kennen.
In der Erziehungswissenschaft weiß man, dass sich Kinder, die genau wissen, was als nächstes kommt, besonders geborgen und sicher fühlen. Diese Sicherheit gibt ihnen Mut, Neues zu entdecken und über sich hinauszuwachsen. Sie entwickeln Selbstvertrauen und werden viel früher (auf eine positive Weise) selbstständiger, als Kinder mit wenig oder gar keinen Alltags-Regeln.
Gemeinsame Mahlzeiten werden zu wertvollen Familienzeiten. Das abendliche Vorlesen wird zum Ritual, auf das sich alle freuen. Diese wiederkehrenden Momente schaffen Verbindung und geben Halt – besonders in unserer schnelllebigen Zeit.
Wichtig dabei: Struktur bedeutet nicht Starrheit. Es geht um einen verlässlichen Rahmen, der genug Platz für spontane Abenteuer lässt.
Warum Kinder Struktur brauchen
Hier ist ein offenes Geheimnis: Kinder sind gar nicht so chaotisch, wie man oft denkt. Sie suchen immer auch nach Orientierung! Ohne klare Regeln fühlen sie sich wie ein Seefahrer ohne Kompass.
Ein geordneter Tagesablauf hilft Kindern dabei,
- sich besser zu konzentrieren,
- Selbstdisziplin zu entwickeln,
- Verantwortung zu übernehmen,
- ihre Zeit sinnvoll und kreativ zu nutzen,
- weniger Stress zu empfinden.
Wenn Kinder planbar wissen, dass die Hausaufgaben immer kurz nach dem Mittagessen gemacht werden, lernen sie früh, ihre Zeit selbstständig einzuteilen. Wenn man solche Abläufe schon ab der Grundschule mit ihnen einübt, wissen sie die Vorteile der Planbarkeit schnell zu schätzen. (Natürlich mit unvermeidbaren Ausnahmen! ☺️)
Wie Eltern Regeln liebevoll durchsetzen
Lasst uns über das Grenzen setzen reden. Dabei kommt es oft zu unnötigen Meinungsverschiedenheiten. Auch unter Eltern:
Grenzen zu setzen, hat nichts mit der Ausübung von Macht zu tun. Wir setzen Grenzen, wenn unser Kind sich selbst oder andere gefährdet, andere im Übermaß stört, oder auch wenn wir selber an unsere eigenen Grenzen stoßen.
Das Geheimnis liegt in der Art, wie wir Regeln vermitteln. Klarheit und Beständigkeit sind die Schlüssel:
Sprecht klar und deutlich: Eine ruhige, bestimmte Stimme, wirkt Wunder. Haltet Blickkontakt und fasst euch kurz. Lange Erklärungen sind zwar immer gut gemeint, verwirren aber oft nur.
LESETIPP: Die Frageform taugt nicht als Aufforderung.
Regeln sollten in der Regel gelten: Regeln, die mal gelten und mal nicht, verlieren ihre Kraft. Es wist wie bei Abläufen und Strukturen, Regeln sind zwar gesetzte Grenzen aus denen man nicht ausbrechen darf, aber sie geben eben auch Sicherheit.
Zieht an einem Strang: Wenn Mama “Nein” sagt und Papa “Vielleicht”, entsteht ein echtes Erziehungs-Vakuum. Nur als Elternteam seid ihr “unschlagbar”. Lasst euch bitte niemals (oder so selten wie möglich) gegeneinander ausspielen. Das ist nicht gut für euch als Elternpaar, aber noch viel schlimmer für eure Kinder. Aus solchen “Möglichkeiten” lernen sie nichts gutes.
Regeln müssen altersgerecht sein: Ein Dreijähriger braucht natürlich andere Regeln, als ein Schulkind. Was für wen machbar ist, ändert sich mit jedem nächsten Geburtstag. Und trotzdem solltet ihr auch immer versuchen (unabhängig vom Alter), eine Regel (oder eine Grenze) an den realistischen Möglichkeiten eurer Kinder auszusprechen. Jedes Kind hat seine eigenen Stärken und Schwächen. Und jede Regel kann nur Sicherheit bieten, wenn sie leicht einhaltbar ist.
Liebevolle Regeln schaffen eine Umgebung, in der Kinder aufblühen können. Sie fühlen sich sicher und unterstützt, während sie lernen, positive und altersgerechte Verantwortung zu übernehmen. Das Ergebnis? Weniger Konflikte und mehr echtes harmonisches Miteinander.
2: In Verbindung bleiben – auch bei Konflikten
Es ist Montagmorgen. Euer Vierjähriger will partout nicht die Zähne putzen, wirft sich auf den Boden – und schreit. Ihr fühlt, wie der Zeitdruck die Anspannung in euch hochsteigen lässt. Solche Momente kennen wir alle. Entscheidend ist aber nicht immer, ob Konflikte auftreten, sondern wie wir damit umgehen.
Warum emotionale Nähe wichtig ist
Kinder haben besonders feine Antennen, wenn es um emotionale Spannungen oder “Schwingungen” geht. Sie spüren sofort, wenn wir aufgrund von Stress – oder an einem schlechten Tag – einmal kurz die emotionale Nähe, die wir zu ihnen haben, über Bord werfen, um schneller ans Ziel zu kommen.
Da reicht es schon, wenn irgendetwas unbekanntes über unser Gesicht huscht, oder ganz kurz der gewohnte Tonfall entgleitet. Emotionale Nähe ist wie ein unsichtbares Sicherheitsnetz für euer Kind. Dieses Netz gibt ihm Halt und Orientierung, auch wenn rundherum alles wackelt. Kinder brauchen mehr, als nur unsere körperliche Anwesenheit – sie möchten sich (eigentlich wie wir alle) gesehen und verstanden fühlen.
Die ersten Jahre sind geprägt von intensivem Körperkontakt. Wir wiegen unser Baby in den Schlaf, tragen es am Körper, kuscheln beim Stillen oder bei der Flasche. Mit der Zeit werden unsere Kleinen selbstständiger, aber ihre Sehnsucht nach emotionaler Verbindung bleibt natürlich bestehen. Sie brauchen weiter an jedem (auch stressigen) Tag, unsere liebevolle Aufmerksamkeit, um sich in unangenehmen Situationen, sicher mit uns zu fühlen.
Wie man in stressigen Momenten präsent bleibt
Das Einzige, was wir in stressigen Situationen wirklich beeinflussen können, sind wir selbst – unsere Reaktionen und unser Verhalten. Leichter gesagt als getan? Hier sind ein paar Strategien, die wirklich helfen:
Atmet bewusst: Wenn ihr merkt, dass euer Puls steigt, haltet kurz inne. Ein paar tiefe Atemzüge schaffen Raum zwischen euch und der Situation.
Nutzt eure Sinne gegen Gedankengewitter: Konzentriert euch auf drei Dinge, die ihr gerade seht, hört oder spürt. Das bringt euch zurück ins Hier und Jetzt – und stoppt das Gedankenkarussell.
Nehmt euch einen Moment: Manchmal ist es völlig okay zu sagen: “Ich brauche einen Moment, um mich zu sammeln.” Euer Kind lernt dabei, dass auch Erwachsene ihre Gefühle ernst nehmen.
Auch Bewegung hilft: Ein paar Schritte durch den Raum, oder bewusstes Atmen, können Wunder wirken. Die Aufregung verschwindet nicht sofort, aber sie bestimmt nicht mehr alles.
Das Wichtigste, nehmt die Reaktionen eurer Kinder nicht persönlich. Konflikte sind anstrengend – für euch und für eure Kinder. Aber sie sind auch Gelegenheiten, gemeinsam zu wachsen.
Versucht in Konfliktsituationen einmal folgendes:
- Hinter das Verhalten eures Kindes schauen: “Was brauchst du gerade?”
- Die Gefühle eures Kindes zu verstehen, auch wenn sein Verhalten nicht okay war
- Gemeinsam nach Lösungen zu suchen
Verbindungsorientierte Erziehung bedeutet nicht, dass Kinder das Sagen haben. Ihr als Elternteil führt die Situation – aber mit Herz und Verstand. Regeln sind wichtig, aber sie können gemeinsam besprochen werden, statt einfach verhängt zu werden. Denn auch Kleinkinder versuchen, den Sinn hinter einer Regel zu verstehen. Passt es für sie nicht zusammen, werden sie schon bei der ersten Möglichkeit nicht danach handeln.
Die größte Herausforderung sind oft wir selbst. Das Verhalten unserer Kinder kann alte Wunden in uns berühren, besonders wenn wir selbst als Kinder nicht immer verstanden wurden. Deshalb lohnt es sich, schwierige Situationen später immer in Ruhe zu durchdenken – und sich dafür passende Strategien zu überlegen.
3: Gefühle zulassen, aber Grenzen setzen
Emotionale “Vulkanausbrüche” gehören zur Kindheit, wie Fingerfarbe auf das Papier. Unsere Kleinen durchleben ihre Gefühle mit einer Intensität, die uns Erwachsene manchmal sprachlos macht. Und genau hier liegt auch eine der anspruchsvollsten Aufgaben als Eltern: Unsere Aufgabe ist es, unsere Kinder dabei zu begleiten, ihre starken Gefühle zu verstehen und mit ihnen umzugehen.
Warum kleine Herzen so große Gefühle haben
Stellt vor, das Gehirn von Kindern wäre ein Haus im Bau. Bei Kindern ist das Gefühlszentrum – also das limbische System – schon komplett eingerichtet und bezugsfertig. Der Bereich für logisches Denken und Impulskontrolle hingegen? Der ist noch eine echte Baustelle! Darum reagieren unsere Kinder so spontan und gefühlsstark. 🙈
Das bedeutet: Wenn euer Dreijähriger seine kleine Schwester schubst, weil sie sein Spielzeug genommen hat, dann ist das in erster Linie keine Boshaftigkeit. Sein kleines Gehirn kann den Impuls einfach noch nicht stoppen. Diese Erkenntnis hat uns geholfen, gelassener zu bleiben, wenn bei uns zu Hause die Emotionen hochkochen.
Wie du deinem Kind Halt gibst
Die Begleitung durch emotionale Stürme, kann uns Eltern schon ganz schön den Akku belasten. Eine halbe Stunde mit einem wütenden Kleinkind, fühlt sich manchmal anstrengender an, als ein ganzer Arbeitstag. Aber auch wenn es anstrengend sein kann, lohnt sich die Zeit, die man dafür aufbringt. Eure Kinder lernen daraus, dass sie mit euch gemeinsam Konflikte lösen können – auch wenn es nicht immer ganz einfach ist. Jede aufgelöste Situation stärkt dabei auch noch eure Bindung zueinander.
So könnt ihr eurem Kind durch schwierige Momente helfen:
- Gefühle in Worte fassen: “Du bist richtig wütend, weil du nicht länger spielen darfst.” Solche einfachen Sätze helfen eurem Kind, eine Art Gefühlvokabular aufzubauen. Mir ist bewusst, dass viele Eltern solche Dinge spontan als “albern” bezeichnen würden. Aber sie werden es irgendwann selber benutzen. Eventuell auch in Situationen, in denen es ansonsten Missverständnisse gegeben hätte. Dann ist es enorm hilfreich, dass man es vorher geübt hat.
- Deine eigene Ruhe bewahren: Ja, das ist leichter gesagt, als getan! Aber Gelassenheit überträgt sich auch in den schwierigsten Konfliktsituationen.
- Da sein: Manchmal reicht es schon, einfach in der Nähe zu bleiben und zu zeigen: “Ich bin hier für dich.”
- Alle Gefühle erlauben: Wut, Trauer, Enttäuschung – das alles darf sein. Nur aggressive Verhaltensweisen müssen wir natürlich begrenzen.
Versucht möglichst immer – wenn machbar, einen Blick hinter das Verhalten euer Kinder zu werfen: Das Kind, das in der Kita andere Kinder ärgert, ist vielleicht einfach nur von zu vielen gleichzeitigen Eindrücken überfordert. Das Kind, das gerade zu Hause alles anmalt, sucht möglicherweise nicht nach Papier, sondern benötigt eure Aufmerksamkeit.
Wenn ihr schon mit euren noch sehr kleinen Kindern übt, Gefühle offen anzusprechen, lernen sie nicht nur ihre eigenen Emotionen kennen (und auszudrücken), sondern entwickeln auch Mitgefühl für andere. Eine wirklich sehr wertvolle Fähigkeit fürs ganze Leben.
Grenzen schützen, sie strafen nicht
Grenzen zu setzen bedeutet, euer Kind altersgerecht zu beschützen. Wichtig ist dabei, dass es sich innerhalb dieser Grenzen frei entfalten kann. Ihr schränkt es nicht ein, sondern gebt ihm einen sicheren Rahmen.
Natürlich muss man nicht jedes Verhalten tolerieren. Wenn Gefahr droht, wenn euer Kind sich oder andere verletzen könnte, oder wenn eure ganz persönlichen Grenzen erreicht sind, ist klares Handeln gefragt.
Der entscheidende Unterschied zu Strafen liegt in der Absicht: Strafen sollen das Kind für sein Verhalten maßregeln. Grenzen hingegen geben Orientierung und Schutz. Ein Kind, das oft über eine Bestrafung erzogen wird, lernt nur: Der Stärkere gewinnt. Es lernt nicht, wie Zusammenarbeit und Problemlösung funktionieren.
Besonders wichtig ist, WIE wir Grenzen setzen. Anschreien oder Anbrüllen löst die Konfliktsituation nicht. Es ist einfach nur pure Emotion. Egal wie sinnvoll eine gebrüllte Ansage auch sein mag, die zugehörige Information wird nicht beim Empfänger ankommen. Stattdessen sollte man versuchen, ruhig aber bestimmt zu sein: “Ich sehe, du bist wütend, und das verstehe ich. Aber ich KANN nicht zulassen, dass du deinen Bruder schlägst.”
Am Ende geht es darum, eurem Kind zu zeigen: Du bist in Ordnung, so wie du bist – mit all deinen Gefühlen. Nur manche Verhaltensweisen können wir nicht im Ansatz akzeptieren. Diese Balance zu finden, erfordert Geduld und (zugegeben) Übung. Erst recht, wenn man auch selber der eher emotionale Charakter ist.
Emotionen sind ehrlicherweise eine echte Lebensaufgabe. Für Groß und Klein. 🙈🤷
Für mich war es immer besonders schwierig in Momenten, in denen sich unsere Kinder im Streit hätten gegenseitig schwer verletzen können. Da kann ich hier die besten Erziehungstipps für euch raus hauen. Aber nichts davon wäre im Ansatz authentisch, wenn ich nicht zugegen würde, dass auch ICH in solchen Situationen innerlich immer wieder mal Rot sehe. Wie gesagt, viele Dinge erfordern Geduld (auch mit sich selbst) und Übung. Aber – die Mühe lohnt sich. 🤗
4: Kontrollierte Selbstständigkeit fördern
Könnt ihr euch vielleicht noch daran erinnern, wie stolz ihr als Kind darauf ward, als ihr zum ersten Mal alleine eure Schuhe gebunden habt? Dieses Gefühl von “Ich kann das!” ist für unsere Kinder heute genauso wichtig. Schon die Kleinsten haben diesen wunderbaren Drang, die Welt selbst zu entdecken und auszuprobieren. Aber manchmal stehen wir ihnen als Eltern dabei unbewusst im Weg.
Was Selbstständigkeit für Kinder wirklich bedeutet
Selbstständigkeit lässt sich nicht “beibringen” wie das Einmaleins. Sie entwickelt sich ganz natürlich – wenn wir das zulassen. Kinder tragen diesen da einen ganz natürlichen Antrieb in sich. Unsere Aufgabe? Ihnen Raum dafür zu schaffen.
Die Basis dafür ist (auch hier) eine sichere Bindung zu uns. Klingt paradox, oder? Aber nur, wenn Kinder sich bei uns geborgen fühlen, trauen sie sich, mutig alleine die Welt zu erkunden. Erst dann können sie sich voller Selbstvertrauen, neuen Herausforderungen stellen.
Schon kleine Kinder zeigen uns deutlich: Sie wollen erforschen, spielen, nachahmen, kreativ sein. Mit etwa vier Jahren entwickelt sich dann ein erstes Bewusstsein für die eigene Selbstständigkeit. Was passiert, wenn wir diesen natürlichen Prozess zu stark bremsen? Kinder, die nie lernen durften, selbstständig zu sein, kämpfen später wesentlich öfter mit beruflichen und emotionalen Schwierigkeiten.
Aber Selbstständigkeit bedeutet nicht, dass unsere Kinder alles alleine schaffen müssen. Es geht darum, ihnen die Chance zu geben, eigene Erfahrungen zu sammeln – und dabei Schritt für Schritt mehr Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen.
Wie wir das Loslassen lernen können
Seien wir ehrlich, loslassen ist schwer. (Und das scheibe ich als Mann. Mein Schutzinstinkt für unsere Kinder ist sehr ausgeprägt.) Hinter unserer Kontrolle steckt meist pure Liebe und die Sorge, dass unserem Kind etwas passieren könnte. Doch zu viel Kontrolle hemmt die Entwicklung, während zu viel Freiheit, Kinder überfordern kann.
Erinnert ihr euch an eure eigene Kindheit? Was war euch wichtig? Diese kleinen Abenteuer, die aufregenden Momente, vielleicht auch die Herausforderungen, an denen ihr gewachsen seid? Holt euch dieses Kribbeln von damals ins Gedächtnis. Es kann ein wenig beim “Loslassen” helfen.
Praktische Absprachen für mehr Gelassenheit:
- Klare Absprachen treffen und wichtige Wege gemeinsam abgehen
- Regelmäßige Check-ins vereinbaren
- Freiräume schrittweise erweitern
- Vertrauen aufbauen, dass sich euer Kind meldet, wenn etwas nicht stimmt
Das Loslassen ist ein Prozess – für euch und euer Kind. Genau wie unser Leben aus Bindung und Freiheit besteht, brauchen auch unsere Kinder beides: sichere Verbindung zu uns und wachsende Freiräume zum Entdecken.
Kleine Entscheidungen mit großer Wirkung
Manchmal sind es die kleinen Momente, die den größten Unterschied machen. Schon bei Kleinkindern können wir mit einfachen Wahlmöglichkeiten anfangen. “Möchtest du heute Morgen den roten oder den blauen Pullover anziehen?” Solche kleinen Entscheidungen sind wie Trainingseinheiten für später.
Durch altersgerechte Mitbestimmung stärkt ihr bei eurem Kind:
- Das Bewusstsein für eigene Bedürfnisse
- Die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen
- Sprachkompetenz und Kommunikation
- Das Gefühl der Selbstwirksamkeit
Die Familie ist das perfekte Übungsfeld dafür. Am Wochenende könntet ihr fragen: “Was möchtest du lieber – die kleinen Schweinchen auf dem Bauernhof besuchen, oder sollen wir in den Zoo fahren?” Solche Entscheidungsräume zeigen eurem Kind: Deine Meinung zählt.
Aber Achtung: Die richtige Balance zwischen Führung und Freiheit muss immer wieder neu gefunden werden – je nach Alter und Reife eures Kindes. Zu viele Entscheidungen können genauso überfordern, wie zu wenige.
5: Vorbilder werden nachgeahmt
Was wir tun, spricht lauter als das, was wir sagen. Das ist eine der wichtigsten Wahrheiten in der Erziehung. Unsere Kleinen sind wie kleine Detektive – sie beobachten jede unserer Bewegungen, hören jedes Wort und saugen unser Verhalten wie Schwämme auf.
Warum Kinder durch Nachahmung lernen
Ganz so, wie ein Zweijähriger plötzlich eine lustige Handbewegung von uns nachahmt, oder ein Vierjähriger ganz viele Floskeln von uns aufsaugt und benutzt, ist es kein Zufall, dass Kinder auch unser Verhalten in ganz verschiedenen Situationen beobachten – und es kopieren. Dieses Copy & Paste liegt einfach in ihrer Natur. Es ist tief verankert. Und so ist es natürlich unfassbar bedeutend, welches Alltagsmaterial wir ihnen zum Kopieren an die Hand geben.
Der Kinderarzt Remo Largo bringt es auf den Punkt: “Das Kind ist biologisch darauf angelegt, sein Verhalten nach Vorbildern auszurichten.” Diese natürliche Art zu lernen, ist oft wirkungsvoller, als jede Ermahnung, die wir aussprechen.
Schon die Allerkleinsten schauen uns genau zu und ahmen nach, was sie sehen. Psychologen nennen das “Lernen am Modell”. Aber Kinder kopieren nicht alles blindlings – sie sind schlauer, als wir denken. Sie ahmen vor allem das nach, was erfolgreich aussieht und von Menschen kommt, die ihnen wichtig sind.
Damit dieses Nachahmen funktioniert, braucht es ein paar Dinge:
- Eine liebevolle Beziehung zu uns
- Wir müssen für sie wichtig und vertrauenswürdig sein
- Das Verhalten muss für sie machbar erscheinen
Hier wird es richtig interessant: Schon anderthalbjährige Kinder kooperieren lieber mit Menschen, die sie vorher schon einmal nachgeahmt haben. Ältere Kinder vertrauen eher Erwachsenen, die sie gespiegelt haben. Das Nachahmen ist also ein Zeichen von Vertrauen – und stärt gleichzeitig die Bindung noch mehr.
Wie Eltern mit gutem Beispiel vorangehen
Oft ist das Verhalten unserer Kinder ein Spiegel von uns selbst. Das kann manchmal ganz schön ernüchternd sein! 🙈
Hier eine einfache Frage, die alles verändert: Würdet ihr von eurem Kind erwarten, was ihr gerade tut? Falls euer Kind sieht, wie ihr bei Rot über die Ampel geht, wird es das wahrscheinlich bei Gelegenheit auch tun – egal, wie sehr ihr ihm mit Worten erklärt, dass das gefährlich ist.
Besonders wichtig ist, wie wir mit Konflikten umgehen. Erleben unsere Kinder, dass wir zuhören, Kompromisse eingehen und respektvoll miteinander sprechen? Dann lernen sie genau das. Schreien wir herum und hören nicht zu? Dann wird euer Weg zu ihrem Weg werden, Probleme zu lösen.
Dabei müssen wir nicht perfekt sein – authentisch zu bleiben, ist absolut ausreichend. Geht uns mal ein Moment daneben, sollten wir uns dafür entschuldigen. So sehen sie, dass auch WIR manchmal die Kurve bekommen müssen, um daraus zu lernen. All das saugen sie auf und werden es selber nutzen, wenn sie es benötigen.
Vermeidet unnötige Kritik, lobt nicht an der falschen Stelle
Manchmal hören wir uns an wie kaputte Schallplatten: “Räum auf! Hör auf damit! Das machst du falsch!” Wir merken oft gar nicht, wie viel wir an unseren Kindern korrigieren und kritisieren.
Dabei sendet ständiges Kritisieren eine bizarre Botschaft: “Du wirst beobachtet. Was du tust, ist wichtiger, als wer du bist.” Kinder, die dauernd kritisiert werden, machen irgendwann einfach dicht. Die Schallplatte steht auf Durchzug. Und das bekommen wir deutlich zu spüren. Auf diese Weise ist niemandem geholfen.
Was hilft stattdessen? Den Blick auf das Positive richten. Nicht übertrieben loben für Selbstverständlichkeiten, sondern echte Wertschätzung zeigen, wenn es angebracht ist.
Eine goldene Regel: Blamiert euer Kind niemals vor anderen. Das zerstört Vertrauen und kann eure Beziehung dauerhaft schädigen.
6: Zeit für sich selbst schaffen
Abends sinken wir oft erschöpft aufs Sofa und fragen uns, wann wir das letzte Mal etwas nur für UNS getan haben. Zwischen Windeln wechseln, Hausaufgaben betreuen und dem täglichen Familientrubel, nehmen wir uns selbst meist nicht so wichtig. Aber hier kommt eine wichtige Grundregel: Nur wenn es UNS gut geht, können wir auch für unsere Kinder mit vollem Einsatz da sein.
Warum Elternpausen wichtig sind
Wenn wir unseren Tag planen, haben unsere Kinder bei jedem Gedankengang Priorität. Selbst wenn es eigentlich nicht um die Kinder geht, denken wir sie immer mit. Haben sie genug zu Essen mit? Wo bringen wir sie unter, wenn wir einen gemeinsamen Termin haben, bei dem wir sie nicht mitnehmen können?
All das ist völlig normal und gut so. ABER, was wir niemals aus den Augen verlieren dürfen ist die Tatsache, dass Selbstfürsorge kein Luxus ist, den wir uns mal nebenher gönnen. Immer wieder auch unsere eigenen “Akkus” im Auge zu behalten, ist eine absolute Notwendigkeit.
Wenn wir ständig nur funktionieren und nie mal selber auftanken, laufen wir nicht mehr rund. Wir werden gereizter. Unsere Geduld schwindet schneller. Und unsere Anspannung? Die spüren unsere Kinder sofort. Sie reagieren mit schwierigem Verhalten – und schon stecken wir in einem Teufelskreis fest, den wir am Ende sogar noch selber mit ausgelöst haben.
Was Eltern entspannt, hilft auch den Kindern
Entspannte Eltern haben entspanntere Kinder. So einfach ist das! Wenn ihr ausgeglichen seid, reagiert ihr gelassener auf die täglichen Herausforderungen. Ihr seid dann flexibler, wenn mal wieder nicht alles nach Plan läuft.
Vergesst nicht: Ihr leistet jeden Tag Großartiges als Mama oder Papa. Diese Leistung verdient Anerkennung – auch von euch selbst. Regelmäßige Bewegung und frische Luft, verbessern eure Stimmung und stärken euch für den Familienalltag.
Selbstfürsorge ist kein Egoismus. Denn nur wenn ihr gut für euch sorgt, könnt ihr auch gut für andere da sein.
7: Verbissenen Perfektionismus loslassen
(Bild: © Keattipoom / Adobe Stock)
Habt ihr manchmal das Gefühl, als Mutter oder Vater nie gut genug zu sein? Perfektionismus in der Erziehung ist wie ein viel zu voll gepackter, unsichtbarer Rucksack, der letztlich mehr belastet, anstatt die Last auf euren Schultern, angenehm zu verteilen. Manchmal neigen wir dazu, viel zu hohe und starre Maßstäbe für uns und unsere Kinder anzusetzen. Wir müssen dann lernen, von diesem künstlich auferlegten Druck, abzulassen. Er tut einfach nicht gut.
Warum der Anspruch auf Perfektion schadet
Die Pairfam-Studie wird an dem Punkt sehr deutlich: Je perfektionistischer Eltern den Familienalltag durchziehen, umso unglücklicher wird die ganze Familie. Gestresste Eltern können kaum noch auf die echten Bedürfnisse ihrer Kinder eingehen – und das schadet dem Selbstvertrauen der Kleinen.
Perfektionismus klingt zwar irgendwie erstrebenswert. Aber es sollte eher eine Art Bonus sein. Wenn etwas beinahe perfekt funktioniert hat, darf man sich gemeinsam darüber freuen. Nur tut es niemandem gut, wenn man den Familienalltag wie in einer dauerhaften Prüfungssituation bestreitet. Ein “perfekter Tag” darf etwas sein, von dem man noch lange positiv zehrt, aber niemals verbissen erzwungen wurde.
Manche Studien zeigen sogar: Perfektionisten leben kürzer – wahrscheinlich wegen des chronischen Stresses. Klingt insgesamt nicht sehr erstrebenswert.
Wie man mit Chaos gelassener umgeht
Statt gegen das tägliche Durcheinander anzukämpfen, können wir lernen, Prioritäten zu setzen. Diese Fragen helfen dabei:
- Wie teilen mein Partner und ich uns Haushalt, Kinderbetreuung und Beruf auf?
- Wo könnten wir öfter mal ein Auge zudrücken?
- Wann finden wir Zeit zum Durchatmen?
- Welche Momente mit unserem Kind sind uns wirklich wichtig?
Die kleinen, ungeplanten Augenblicke sind oft wertvoller, als jeder perfekt abgestimmte Terminplan. Wenn euer Kind ganz spontan etwas von euch möchte, entstehen manchmal die aller schönsten Erinnerungen.
Eure Kinder dürfen ruhig mitbekommen, dass das Leben nicht immer glatt läuft. Das ist ehrlicher, als ihnen eine perfekte Welt vorzuspielen – die durchschauen sie sowieso.
Realistische Erwartungen an sich selbst
Fragt euch mal: Was kostet mich dieser Perfektionismus eigentlich? Eine ehrliche Kosten-Nutzen-Rechnung öffnet da ganz oft die Augen.
Kleine Fortschritte sind oft besser, als große Sprünge. Sie motivieren uns weiterzumachen. Am Ende müssen wir alle lernen, nicht immer nur argwöhnig auf die Grenzen des Machbaren zu schielen. Nehmt viel öfter das entspannt-Machbare in den Blick. Auf diese Weise akzeptiert ihr mögliche Grenzen, und lasst Raum für spontane (gemeinsame) Erfolgserlebnisse. Wer akzeptiert, dass Perfektion rechnerisch unmöglich ist, lebt viel entspannter.
Was ihr aus diesen Tipps mitnehmen könnt
Diese acht Tipps sind wie ein verlässlicher Familienkompass für entspanntere Tage mit euren Kindern. Klare Regeln geben jedem Familienmitglied einen sicheren Halt, während eine liebevolle Verbindung auch in stürmischen Momenten das Wichtigste bleibt.
Was mir besonders am Herzen liegt? Kinder brauchen Raum zum Wachsen und ganz eigene Erfahrungen. Ihr als Mama oder Papa seid ihr größtes Vorbild – nicht nur durch das, was ihr ihnen sagt, sondern vor allen Dingen durch das, was ihr ihnen vorlebt. Vergesst dabei aber nicht, auch mal an euch zu denken. Perfektionismus? Den dürft ihr guten Gewissens in den Familienakten unter “Sonstiges” abheften.
Lass uns ehrlich sein: Wer diese 8 Tipps gerne angehen möchte, wird Veränderungen nicht über Nacht erreichen. Jede Familie tickt anders. Was bei uns funktioniert, passt vielleicht nicht zu euch – und das ist völlig okay! Ihr müsst nicht die perfekte Mutter, oder der perfekte Vater, sein. Eure Liebe und euer Bemühen sind mehr wert, als jede Perfektion.
Herausforderungen gehören zum Familienalltag dazu. Punkt. Aber mit diesen Tipps im Gepäck, könnt ihr ein gutes Stück weit gelassener durch den Tag gehen. 💪🤗
FAQs zum Thema
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