Wenn Fernweh und Reisen ein elementarer Bestandteil des Lebens sind, kann die Geburt eines Kindes plötzlich alles auf den Kopf stellen. Vom Backpacker zur Autoschale: die ehrliche Meinung von einer, die beides gemacht hat.
Reiselust ganz unbeschwert
Wie leicht war es doch, einfach einen Flug ins Nirgendwo zu buchen, erst vor Ort nach einer Unterkunft zu suchen oder bei einem Einheimischen in Griechenland auf der Couch zu schlafen. Sobald die Schulzeit endlich beendet war, ging fĂ¼r mich und viele meiner Freunde das groĂŸe Reisen los. Work & Travel in Neuseeland oder Au-pair in Frankreich – unsere Reiselust verstreute uns in alle Winde.
Mein Weg fĂ¼hrte mich nach Nordspanien auf den Jakobsweg. Zugegeben, ich war schlecht vorbereitet, hatte nur eine Jeans, keine richtigen Wanderschuhe und erst recht keine Erfahrung. Und doch war es ein unglaubliches Abenteuer mit 19 Jahren allein nach Santiago de Compostela – ans Ende der Welt – zu pilgern. Doch diese Reise bildete gerade einmal den Anfang. Das Studium ist eine hervorragende Basis zum Reisen. Nie wieder hat man so viel Freiheit – auĂŸer vielleicht als Rentner, doch wer möchte da noch im Schlafsack auf dem Boden eines Klosters Ă¼bernachten?
LESEPAUSE-VIDEO: Auch die zweijährige Ella reist gerne im Auto
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“Barcelona, Mailand, Budapest, Athen, Lissabon – in manchen Semesterferien besuchte ich fĂ¼nf Länder hintereinander. Ich dachte, es wĂ¼rde immer so weitergehen.”
Zwei blaue Streifen und die Welt wird kleiner
Ungeplant und doch vom ersten Moment glĂ¼cklich: so fĂ¼hlte es sich an, als wir zu zweit den positiven Test in den Händen hielten. Wie viel sich jetzt verändern wĂ¼rde, konnten wir noch nicht ahnen. Doch die Veränderungen folgten schnell. Unsere Reisekasse wurde kurzerhand zur Babykasse. Die FlĂ¼ge nach Indien tauschten wir gegen Wickelkommode und Stillkissen, denn ein neues Wunder war auf dem Weg und forderte schon jetzt einen gewissen Lebenswandel.
Die beschwerliche Schwangerschaft mit DauerĂ¼belkeit und starkem Brechreiz bis hinein ins dritte Trimester machten selbst kurze Reisen unmöglich. Plötzlich wurde meine Welt klitzeklein und ich sehnte mich mehr und mehr nach den Tagen mit dem Rucksack und der Wartezeit am Flughafen, voller Neugier was mich wohl erwarten wĂ¼rde.
Das grĂ¶ĂŸte Abenteuer
An einem warmen Maitag war es soweit, wir begrĂ¼ĂŸten nach einer (vergleichsweise) angenehmen Geburt, unsere Tochter. Ich hielt sie im Arm und sie schaute mich mit groĂŸen neugierigen Augen an. Wahrscheinlich schaute ich genauso neugierig zurĂ¼ck! Von nun an änderte sich alles – und es gefiel mir. Ich liebte sie von der ersten Sekunde und schnell entwickelten wir uns zu einem groĂŸartigen Team.
Nachdem wir uns häuslich eingerichtet hatten, erweiterte ich unseren Radius StĂ¼ck fĂ¼r StĂ¼ck. Im kuscheligen Tragetuch gab es kein Halten mehr und da wir es mit einem sehr unkomplizierten Stillkind zu tun hatten, waren selbst erste AusflĂ¼ge gar kein Problem. Die Wickeltasche stand immer bereit und die Milchbar war stets gefĂ¼llt.
Mit zehn Monaten wagten wir die erste kleine Reise ans Meer. Ich muss gestehen, noch nie war ich so nervös.
- Ist es in der Sonne zu heiĂŸ?
- Ist der Sand zu kratzig?
- Das Meer zu kalt?
Und wie verträgt sie die neue Umgebung? Obwohl es nur an die Ostsee ging, kam es mir wie eine groĂŸe Weltreise vor. Doch meine Sorgen blieben unbegrĂ¼ndet.
Zeig mir die Welt, denn ich kenne sie noch nicht
Der Nachwuchs nahm das ganze Theater äuĂŸerst gelassen und verstand die ganze Aufregung nicht. Umso grĂ¶ĂŸer wurden ihre Augen, als sie zum ersten Mal das Meer sah – die grĂ¶ĂŸte Badewanne der Welt. Sie quietschte vor Freude und strampelte so heftig, nur um noch ein StĂ¼ckchen näher heranzukommen.
Mutig und voller Neugier erforscht sie ihre Umgebung und so werden auch wir mutiger. Inzwischen haben wir bereits einige Länder bereist und noch immer wird unser Radius mit jedem Mal etwas grĂ¶ĂŸer.
Mit Kinderaugen sehen
In den ersten Jahren werden wir sicher nicht gleich in die hinterste Ecke von Asien oder irgendwo in den Dschungel reisen. Das ist auch nicht nötig. Denn mit Kind gewinnt das Reisen eine ganz neue Qualität und Wertschätzung. Ich bin aufmerksamer, beantworte all ihre Fragen, Ă¼ber die ich mir noch nie Gedanken gemacht habe, zeige ihr alle groĂŸen und kleinen Wunder und entdecke viele Ziele, die mir vorher noch gar nicht in den Sinn gekommen sind.
Und wie ich sie so am Strand beobachte und mit welcher Freude sie ihre Welt entdeckt, da wird mir eines klar: Ein Kind wirkt sich auf jeden Fall auf das eigene Reisen aus. Doch es wird nicht schlechter, sondern nur anders. Und das ist genau richtig.
Ihr wollt auch mit Kind Reisen? Dann besucht Janina auf ihrem Blog: SOS-FERNWEH!