Wenn Menschen zu mir ins Studio kommen, bringen sie nicht nur ihre Körper mit – sondern auch viele Fragen, Unsicherheiten und oft eine lange Leidensgeschichte. Besonders Frauen, die sich nach Schwangerschaften oder in den Wechseljahren neu im eigenen Körper orientieren müssen, erleben häufig: Der Körper verändert sich – aber nicht so, wie man es möchte.
Und egal wie sehr sie sich anstrengen, die Pfunde wollen einfach nicht weichen. Die Ernährung wird diszipliniert angepasst, der Alltag ist aktiv, manchmal sogar voller Verzicht – doch die Waage bleibt stur. Viele Frauen zweifeln dann nicht nur an sich, sondern fühlen sich irgendwann sogar schuldig.
Dabei liegt die Ursache oft ganz woanders: bei den Hormonen.
Der stille Einfluss, den niemand sieht
Hormone sind die versteckten Dirigenten unseres Körpers. Sie entscheiden darüber, wie wir Energie speichern, wie hungrig wir sind, ob unser Stoffwechsel aktiv oder träge ist – und wie unser Körper mit Veränderungen umgeht. Kommt dieses fein abgestimmte System aus dem Gleichgewicht, kann das Auswirkungen haben, die weit über ein paar zusätzliche Kilos hinausgehen.
Ein häufiges Beispiel ist die Schilddrüse. Wenn sie nicht richtig arbeitet – etwa bei einer Unterfunktion – verlangsamt sich der Stoffwechsel enorm. Müdigkeit, Stimmungsschwankungen, Kälteempfindlichkeit und Gewichtszunahme sind nur einige der Symptome.
Ein Fall ist mir besonders im Gedächtnis geblieben: Eine Frau erzählte mir, dass sie extra bis in die Niederlande reisen musste, weil sie dort endlich einen Arzt fand, der ihre Schilddrüsenwerte umfassend untersuchte. In Deutschland wurde sie jahrelang damit abgespeist, „einfach mehr Sport zu machen und weniger zu essen“. Erst eine Fahrt zu einem Spezialisten in den Niederlanden brachte dann die entscheidende Wende. Dort wurden spezielle Blutwerte untersucht, die in Deutschland von Hausärzten oft nicht ohne Weiteres abrechenbar sind – selbst wenn sie medizinisch sinnvoll wären. Das Überraschende: Die Abrechnung über ihre deutsche Krankenkasse war trotzdem überhaupt kein Problem.
Nach der richtigen Diagnose und einer gezielten Behandlung konnte sie zum ersten Mal echte Fortschritte sehen – körperlich wie emotional. Diese Geschichte zeigt: Man darf den Kopf niemals hängen lassen. Es ist medizinisch und diagnostisch oft viel mehr möglich, als man denkt. Man muss nur den Mut haben, weiterzufragen – und notfalls neue Wege zu gehen.
Abnehmen braucht mehr als Kalorienbilanz
Viele Abnehmprogramme setzen nach wie vor auf das einfache Prinzip: Weniger essen, mehr bewegen. Und obwohl dieses Grundprinzip theoretisch richtig ist, greift es in der Praxis oft zu kurz – besonders, wenn hormonelle Faktoren mitspielen. Denn der Körper ist kein Taschenrechner. Er reagiert auf Stress, Schlafmangel, Bewegungsmuster und hormonelle Schwankungen mit komplexen Anpassungen, die sich nicht allein durch Kalorien erklären lassen.
So kann es zum Beispiel passieren, dass jemand trotz Defizit an Energie zunimmt – weil der Stoffwechsel verlangsamt ist oder weil bestimmte Hormone, wie Insulin oder Cortisol, den Fettabbau blockieren. Auch Muskelmasse spielt eine entscheidende Rolle: Wer zu wenig Muskelmasse hat, verbrennt weniger Energie – selbst im Ruhezustand.
Daher lohnt es sich, über die klassische Kalorienbilanz hinauszuschauen. Körperzusammensetzung, hormonelle Gesundheit und auch das emotionale Wohlbefinden sollten in eine nachhaltige Strategie mit einbezogen werden. Nur so lässt sich langfristig eine gesunde Balance erreichen – und vor allem ein Körpergefühl, das trägt.
Was du jetzt tun kannst
Wenn du das Gefühl hast, dein Körper „funktioniert nicht mehr“, obwohl du alles richtig machst, dann bitte ich dich um eines: hör auf, an dir zu zweifeln.
Stattdessen:
- Lass deine Schilddrüse vollständig untersuchen (inkl. T3, T4, TSH und Antikörper).
- Achte auf Symptome wie extreme Erschöpfung, Schlafprobleme oder unerklärliche Gewichtszunahme.
- Hol dir Unterstützung, die dich ganzheitlich begleitet – nicht nur auf Kalorienbasis.
- Setze nicht auf Verzicht, sondern auf Wissen. Dein Körper will dich nicht sabotieren – er sendet Signale, die du lesen lernen kannst.
Fazit
Du musst deinen Körper nicht „besiegen“, um dich wieder wohlzufühlen. Du darfst ihn verstehen lernen. Der Weg zu einem gesunden Gewicht führt nicht über Schuldgefühle oder eiserne Disziplin, sondern über Selbstfürsorge und Klarheit. Hormone spielen dabei eine größere Rolle, als vielen bewusst ist – doch mit der richtigen Begleitung, etwas Geduld und dem nötigen Wissen wird Veränderung möglich. Sanft, dauerhaft und ohne Kampf.