Ab dem fünften Lebensjahr beginnt bereits ein neuer Lebensabschnitt für unsere Kinder: aus dem Kindergartenkind wird ein Vorschulkind. Eine aufregende Zeit mit vielen neuen Eindrücken. Auch in der Entwicklung der kleinen Großen verändert sich nun einiges. Wie Eltern auf die mit dieser Lebensphase zusammen hängenden Bedürfnisse der Vorschulkinder eingehen können, erfahrt ihr hier. 

Im Alter von fünf bis sechs Jahren, wandeln Kinder ihre Sicht auf die Welt. Langsam wachsen sie aus der geheimnisvollen magischen Phase heraus, und entwickeln einen, wenn auch noch naiven, Realitätssinn. Im Alltag bedeutet das, dass sie sich nicht mehr mit dem Kuscheltier trösten, wenn sie sich weh getan haben, sondern laut schimpfend umher laufen.

Starke Verhaltensschwankungen prägen diese Phase der “neuen Realität”. Wo im einen Moment noch klar war, dass Hexen natürlich nicht existieren, haben sie im nächsten Augenblick Angst im Dunkeln zu schlafen, weil ja doch eine Hexe kommen könnte. Im Vorschulalter entwickeln Kinder außerdem ihre ersten spezifischen Interessen. So wollen sie wirklich alles über Dinosaurier, Ritter, oder Pferde wissen, und können Stunden damit verbringen, Geschichten dazu zu hören und Sachbücher darüber zu betrachten.

Reden wie die Großen – Denken wie die Kleinen

Mit fünf Jahren können die meisten Vorschulkids bereits quatschen, wie die Großen. Sie können ihren Eltern lange Vorträge über das Lieblingstier, oder die Feuerwehr halten, und kennen häufig in ihrem Wissensdrang kein Ende. Sie löchern Erwachsene mit Fragen über Fragen und können sich dabei bereits bestens ausdrücken. Kein Wunder, denn die entscheidenden Phasen der Sprachentwicklung sind bereits mit fünf Jahren abgeschlossen.

Doch die verblüffende Sprachkompetenz der Kinder bedeutet nicht zugleich, dass sie in der Lage sind, wie die “Großen” zu denken. Schnell lässt man sich von dem äußeren Schein trügen und erwartet von Kindern, bei denen die Sprache sehr gut entwickelt ist, auch den geistigen Reifezustand eines Schulkindes. Es wird logisches Denken und planvolles Handeln von ihnen gefordert, zu dem sie noch gar nicht in der Lage sind. Das kann zu heftigen Konflikten zwischen Eltern und Kind führen.

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Abnabeln von Mama und Papa

Vorschulzeit heißt auch die Zeit der neuen Selbstständigkeit. Langsam beginnen die Kinder sich mehr und mehr von ihren Eltern zu lösen. Sie gehen das erste Mal alleine zum Freund um die Ecke, fahren alleine mit Oma und Opa in Urlaub, und das Butterbrot wird auch alleine geschmiert.

Das Küsschen zum Abschied? Nein Danke! Gerade Müttern fällt das erste Abnabeln der Kinder oft schwer. Ist doch die Kleinkindphase zu Ende, und die Nesthäkchen werden zu einem Teil flügge. Durch die neue Selbstständigkeit, den neu erlernten Fähigkeiten, und den damit verbundenen Erfahrungen, gewinnen die Kinder an Selbstvertrauen. Sie wagen sich an neue Herausforderungen und machen einen enormen Sprung in ihrer Entwicklung. Doch diese Veränderungen, dieser “Abschied” von der symbiotischen Beziehung mit den Eltern, führt bei manchen Kindern auch zu Verlustgefühlen und Ängsten. Deshalb geschieht es häufig, dass der kleine Entdecker am Abend doch noch mit Mama kuscheln will und unbedingt den Gute-Nacht-Kuss haben möchte.

LESETIPP: Wichtig kann in dieser Phase auch noch einmal das Lieblings-Kuscheltier von Kindern werden. Denn ihnen erzählen sie all das, was Mama und Papa lieber nicht hören sollten.


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Einschulung: Freude und Angst zugleich

Die Zeit vor der Einschulung ist aufregend und spannend. Endlich geht es bald in die Schule. Ein neuer Lebensabschnitt voller Abenteuer steht bevor. Kinder wissen, dass nun bald ein bedeutsamer Schritt vor ihnen liegt. Sehnsüchtig erwarten sie diesen, denn der Kindergarten ist längst “öde”. Doch neben der Spannung und Neugierde, wird diese Veränderung gleichzeitig gefürchtet. Schließlich verlassen die Kinder ihr vertrautes und geschütztes Umfeld, und treten ein, in etwas noch völlig unbekanntes. So sind gerade die letzten Wochen vor der Einschulung ein Wechselbad der Gefühle. Um dies zu verarbeiten müssen manche Kinder einfach Dampf ablassen. Einige werden in dieser Lebensphase zornig und aggressiv, andere eher ängstlich und zurückhaltend. Beides sind Zeichen für ein ganz normales Gefühlschaos.

Schimpfwörter und Widerworte – Geduldsprobe für die Eltern

Zum Ablösungsprozess im Vorschulalter gehört auch, dass die Kinder mit Schimpfwörtern nur so um sich werfen. Sie haben bei allem das letzte Wort und schlagen einen absolut unpassenden Ton ihren Eltern gegenüber an. Das stellt die Geduld der Eltern gehörig auf die Probe. Kein Tag vergeht, an dem nicht geschimpft und getadelt werden muss. In kaum einer anderen Zeit werden Kinder so häufig bestraft wie in diesem Jahr. Doch die Motivation die dahinter steckt: “Schaut hin, was ich mich traue. Ich rebelliere gegen die wichtigsten Menschen in meinem Leben”, gehört leider auch zur absolut üblichen Entwicklung dazu.

Erziehung – Klare Regeln und wenige Worte

Doch wie können Eltern mit den kleinen Rebellen umgehen? Harte Strafen, liebevolle Worte oder gar Diskussionen? Nein, wichtig sind klare Grenzen, feste Regeln und dabei möglichst wenig Worte. Denn in einem Wutanfall wird das Kind seiner Mutter nicht mehr zuhören. Kurz und knapp zu sagen, dass dieses Verhalten nicht geduldet wird, und sich dabei deutlich abgrenzen, das sind die Wege zum Ziel.

Strafen würden an diesem Punkt echtes Trotzverhalten und Machtkampf fördern. Denn die Kleinen strotzen in dieser Phase nur so von Selbstbewusstsein. Und auf einen Machtkampf sollten Eltern sich nicht einlassen. Sie müssen ruhig und konsequent in der Elternrolle bleiben. Das ist sicher nicht immer ganz leicht. Aber wenn man sich klarmacht, was da gerade mit dem eigenen Kind passiert, kann es helfen, der Situation einigermaßen entspannt standzuhalten.

Aber Eltern sollten vermeintliche Frechheiten von Kindern nie persönlich nehmen. Sie wissen meist um die Bedeutung ihrer Worte nicht, und auch nicht, dass sie damit ihre Eltern verletzen können.

Auch wenn es schwer zu glauben ist, Kinder brauchen in dieser Phase Eltern, die wie der Fels in der Brandung sind. Die ihnen Halt geben und sich von Provokationen nicht aus der Ruhe bringen lassen. Eine große Herausforderung für Eltern. Doch Mama und Papa sind auch, wenn sie gerade Schimpfwörter an den Kopf geknallt bekommen haben, die Größten für ihre Vorschulkinder. Was wirklich hilft, ist gelassen zu bleiben, sich deutlich abzugrenzen und klare Ansagen zu machen.


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