Kinder und Jugendliche, die zum Opfer sexueller Gewalt werden, machen ein zweifaches Martyrium durch. Einerseits leiden sie unter dem Missbrauch an sich, andererseits leben sie vielfach unter dem Druck, sich mit ihren Leiden niemandem anvertrauen zu können, ausgelöst durch massive Drohungen der Täter. Das macht es so schwierig, Missbrauchsopfer auszumachen. Doch es gibt unübersehbare Anzeichen.

Es darf nicht verwundern, dass sich die Opfer angesichts der Verhaltensweisen der Täter in eine Festung des Schweigens zurückziehen und keinen Weg sehen, aus dieser Situation zu entkommen. Die hohe Zahl an Missbrauchsfällen weist auf eine alarmierende Lage hin. Laut polizeilicher Kriminalstatistik gibt es pro Tag rund 50 Meldungen über sexuelle Gewalt gegen Kinder. Insgesamt meldet die Statistik pro Jahr etwa 12.000 Fälle von Missbrauch an Kindern unter 14 Jahren und mehr als 7.000 Fälle von Kinderpornographie.

Aktuelle Studien vermuten in jeder Schulklasse mindestens ein bis zwei Kinder, die von sexueller Gewalt betroffen sind, wobei die Täter gewöhnlich aus dem nahen Umfeld der Opfer stammen – meist Nachbarn, Mitarbeiter sozialer Einrichtungen oder Eltern. Umso wichtiger ist es, auf Anzeichen und Signale zu achten, die auf Missbrauch bei Kindern schließen lassen.

Untrügliche Anzeichen existieren – müssen aber ernst genommen werden

Es gibt eine ganze Reihe von Anzeichen, die auf Missbrauch bei Kindern hindeuten. Aus den Erkenntnissen von Polizei, Psychologen und sozialen Einrichtungen haben sich vor allem zehn Signale herauskristallisiert, die von besonderer Aussagekraft sind.

Signal 1: Körperliche Merkmale

Missbrauchstäter gehen nicht selten mit großer Umsicht vor, um äußere Merkmale ihrer Taten zu vermeiden. Dennoch bleiben vielfach nicht auf den ersten Blick erkennbare Merkmale zurück, die auf Missbrauch hindeuten. Typische physische Indizien für möglichen Missbrauch sind:

  • Blutungen, Rötungen, Risse
  • Verletzungen an Penis, Hoden, Vagina und After
  • Schmerzen im After- und/oder Genitalbereich
  • Ungewöhnliche Dehnungen an After oder Vagina
  • Hämatome an der Oberschenkelinnenseite oder im Genitalbereich
  • Geschlechtskrankheiten wie Ausfluss oder Pilzinfektionen
  • Schwangerschaft

Sollten sich Symptome dieser Art zeigen, ist äußerste Aufmerksamkeit angebracht. Ein möglicher Missbrauch ist in diesem Fall mehr als eine vage Vermutung.

Signal 2: Rückzug

Das Kind zieht sich in sich selbst zurück und bricht frühere soziale Kontakte ohne Grund ab. Soziale Verhaltensweisen ändern sich von Gruppendynamik hin zu eigenbrötlerischem Einsiedlertum.

Signal 3: Opportunismus

Das Kind versucht auf übertriebene Weise, möglichst alles richtig zu machen und nicht aufzufallen. In diesem Fall empfindet das Kind den Missbrauch als Strafe für eigene Verfehlungen.

Signal 4: Rebellion

Je nach Temperament kann ein kindliches Missbrauchsopfer auch das gegenläufige Verhaltensmuster aufweisen: Das Kind hält sich nicht mehr an Regeln und überschreitet bisher geltende Grenzen.

Signal 5: Selbstverletzung

Das Kind fügt sich Verletzungen oder Schmerzen zu. Auch hier glaubt das Opfer, eine Art von Bestrafung verdient zu haben.

Signal 6: Ungewöhnliches Essverhalten

Das Kind isst entweder mehr oder weniger als gewöhnlich. Die Veränderung im Essverhalten deutet auf eine tiefgreifende seelische Dysbalance hin.

Signal 7: Verhaltensänderung

Das Kind legt unvermittelt ein Verhalten an den Tag, das nicht seiner Altersgruppe entspricht. Dabei sind Abweichungen in beide Richtungen möglich: Das Kind verhält sich entweder jünger oder älter als es tatsächlich ist.

Signal 8: Krankheit

Das Kind zeigt eine überdurchschnittliche Tendenz hin zu Erkrankungen, meist Bauch- oder Kopfschmerzen, Hautkrankheiten oder Schlafstörungen.

Signal 9: Angst und Aggression

Das Kind weist bisher ungekannte Angstzustände oder aggressive Verhaltensmuster auf. Damit kompensiert das Kind seinen unterdrückten emotionalen Ausnahmezustand.

Signal 10: Drogenmissbrauch

Das Kind beginnt damit, alkoholische Getränke zu sich zu nehmen oder Drogen zu konsumieren. Damit versucht das Opfer, den inneren Schmerz zu lindern, mit dem es sich niemandem anvertrauen kann.


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Missbrauch lässt sich im Vorfeld vermeiden

Weist ein Kind eines der beschriebenen Anzeichen auf und ist das auf einen Missbrauchsfall zurückzuführen, ist es bereits zu spät – der Missbrauch hat bereits stattgefunden oder ist noch im Gange. Hier wären Initiativen im Vorfeld angebracht, denn der Weg der meisten Täter hin zum aktiven Missbrauch führt in vielen Fällen über Kinderpornographie und die damit verbundene sexuelle Gewalt.

Nur ein wirkungsvolles Instrument gegen die Verbreitung kinderpornographischer Inhalte über die sozialen Netzwerke kann auf lange Sicht zu einer spürbaren Verbesserung der Situation führen. KI-basierte Contentfilter, die Bildmaterial auf pornographischen Gehalt analysieren und Verdachtsfälle menschlichen Moderatoren zur endgültigen Bewertung vorlegen, können angesichts der ungeheuren Mengen an kursierendem Bildmaterial ein wirkungsvolles Werkzeug zur Eindämmung der grassierenden Kinderpornographie sein.

Natürlich ist auch die Freiheit des Internets ein hohes ethisches Gut, das es zu bewahren gilt. Doch Ethik hat in vielen Fällen mehrere Facetten – in diesem Fall auch das Leiden und die Schmerzen von vielen Millionen Kindern.


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