Bereits seit Wochen schlagen deutsche Kinderkliniken Alarm. Deutschlandweit gibt es aktuell einen dramatischen Mangel an freien Betten. Aber wie konnte es dazu kommen?



Beatrix Schmidt, Chefärztin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im St. Joseph Krankenhaus (Berlin Tempelhof), erklärt (oben) im Video, dass es gleich mehrere Faktoren gibt, welche in diesem Jahr zu solch einer zugespitzten Situation führen. Wir haben die Gründe hier einmal für euch aufgegriffen und erläutert.

Enorm viele Atemwegsinfektionen unter Kindern

Zum einen gibt es einfach enorm viele Kinder mit Atemwegsinfektionen, welche derzeit akute medizinische Hilfe in einem Krankenhaus benötigen. Das RS-Virus (Humane Respiratorische Synzytial-Virus) schlägt unter Kindern mit voller Wucht zu.

Nachdem in den vergangenen Jahren aufgrund der Corona-Pandemie, immer wieder Kitas und Schulen geschlossen wurden, Lockdowns verhängt wurden, Abstandsregeln eingehalten werden mussten, und zum Schutz in beinahe jeder Lebenssituation Maske getragen wurde, sind die meisten Maßnahmen im Laufe des Jahres 2022 zurückgefahren worden. Nun fehlt also einerseits der proaktive Schutz vor jeglichen Viren. Auf der anderen Seite hat das Immunsystem über knapp zwei Jahre Lernstoff nachzuholen. Es kommt also zu vielen Ansteckungen – und auch die Verläufe sind teils intensiver.

Krankes Personal verkleinert die Bettenzahl

Ein weiterer Faktor ist, dass sich natürlich auch Pflegepersonal und Ärzt/innen, bei aller Vorsicht und Prävention, mitten in dieser Erkältungswelle bewegen. Der allgemeine Krankenstand ist enorm belastend. Übrigens auch für das jeweils gesunde Personal, welches bei den kleinen Patient/innen die Stellung hält. Auch in Kliniken gibt es gewissermaßen (ähnlich wie Eltern das aus Kitas kennen) eine Art Betreuungsschlüssel. Wird der unterschritten, kann es zu Strafen kommen. Oder es müssen gleich ganze Stationen geschlossen werden. Auch aus diesem Grund stehen oftmals in einzelnen Kinderkliniken wesentlich weniger Betten zu Verfügung, als man eigentlich anbieten könnte.

Das Personal ist übrigens aktuell oftmals von der Influenza betroffen. Damit startet die Grippe in 2022 wesentlich früher durch, als es üblich wäre. Der Durchschnitt läge eher bei Ende Dezember oder irgendwann im Januar. Da das RS-Virus und die Grippe zurzeit parallel kursieren, treffen also speziell in den Kinderkliniken, viele kleine Patienten auf dezimiertes Personal.

Genereller Personalmangel: Je weniger Pflegekräfte umso weniger Betten

Ein dritter Faktor ist darüber hinaus allerdings der generelle Personalmangel im medizinisch-pflegerischen Bereich. Bereits während der Corona-Pandemie wurde relativ medienwirksam auf dieses Problem aufmerksam gemacht. Nicht wenige Pflegekräfte haben in dieser Zeit das Handtuch geschmissen. Neues Personal muss zunächst ausgebildet werden. Es bleibt eine klaffende Lücke.

Und diese Lücke kostet in den Kliniken effektiv Patientenbetten. Denn jedes Bett darf nur mit ausreichend gesichertem Personal betreiben werden. Und in diesem Winter zeigt sich der Personalmangel an deutschen Kinderkliniken offenbar als echter Flächenbrand.


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