Laut deutscher Gesetzeslage haben Eltern hierzulande für ihre Kinder die sogenannte Aufsichtspflicht. Aber was bedeutet das? Ab wann können und dürfen Kinder alleine zu Hause bleiben und worauf ist dabei zu achten?

Grundlagen der elterlichen Aufsichtspflicht

Szenarien wie eine US-amerikanische Mutter, welche in den Urlaub fuhr und ihre Kinder derweil unbeaufsichtigt zurückließ, ziehen hierzulande rechtliche Konsequenzen nach sich. In Deutschland besitzen Eltern gegenüber ihren Kindern gemäß §1631 BGB eine Fürsorgepflicht. Geht beim Spielen aus Versehen etwas zu Bruch oder wird das Kind sogar straffällig, haften dafür in der Regel die Eltern. Ziel ist es, die Kinder selbst sowie Dritte vor eventuellen Schäden zu bewahren. Erfüllen die Zuständigen ihre Aufsichtspflicht nicht (ausreichend), drohen rechtliche Konsequenzen wie Schadensersatzforderungen, eine strafrechtliche Verfolgung bis hin zum Entzug des Sorgerechts in Extremfällen. Für Eltern gibt es daher zwei wichtige Grundregeln zu beachten: Einerseits müssen sie unbedingt über eine Privathaftpflichtversicherung verfügen, in welcher durch die Kinder verursachte Schäden mitversichert sind. Andererseits müssen sie ihrer Aufsichtspflicht nachkommen. Doch darf ein Kind dann überhaupt alleine zu Hause bleiben und ab wann?

Ab wann darf ein Kind aus rechtlicher Sicht alleine zu Hause bleiben?

 Jedes Kind ist individuell und daher gibt es im Gesetz keine genauen Vorgaben, in welchem Alter ein Kind wie lange alleine gelassen werden darf. Schließlich muss jeder Einzelfall gesondert betrachtet werden. Dennoch geben bisherige Urteile zumindest grobe Anhaltspunkte, welche wie folgt aussehen:

  • Kleinkinder müssen rund um die Uhr beaufsichtigt werden.
  • Ab einem Alter von vier Jahren dürfen Kinder in sicherer Umgebung für eine Viertelstunde aus den Augen gelassen werden.
  • Mit sechs Jahren können viele Kinder bereits eine halbe Stunde alleine bleiben, allerdings ebenfalls nur dann, wenn für die Sicherheit gesorgt ist.
  • Je nach Kind ist dieses bereits mit sieben oder acht Jahren in der Lage, für einen längeren Zeitraum alleine zu bleiben – manche jedoch auch erst später.

Es muss also Rücksicht auf den individuellen Entwicklungsstand des Kindes genommen werden. Zudem sollten Eltern das Alleinsein in kleinen Schritten üben und die Zeiträume erst dann langsam weiter ausdehnen, wenn die ersten „Übungseinheiten“ problemlos funktioniert haben. Weiterhin steht natürlich die Sicherheit des Kindes immer an oberster Stelle.

Worauf sollten Eltern achten, wenn sie ihr Kind alleine lassen?

Auch wenn das Kind bereits das passende Alter erreicht hat und schon gut alleine bleiben kann, sollten Eltern nicht einfach spontan das Haus verlassen. Vorab sollte eine Unterweisung in wichtige Grund- sowie Verhaltensregeln stattfinden. Ein sieben- bis achtjähriges Kind sollte, um alleine gelassen werden zu können, in der Lage sein, Regeln zu verstehen sowie zuverlässig einhalten. Dazu gehören Vorgaben wie: Der Ofen bleibt ausgeschaltet oder die Tür keinem Fremden zu öffnen. Zudem sollte das Kind im Gebäude oder Garten bleiben, nicht aber auf eigene Faust in die Nähe einer stark befahrenen Straße, in einen Wald oder eine andere potenziell gefährliche Umgebung gehen. Dennoch darf das Kind niemals im Haus eingeschlossen sein, da es ansonsten in Panik oder sogar im Brandfall in Lebensgefahr geraten könnte.

Eltern müssen Gefahren realistisch abwägen

Der Wunsch der Eltern nach mehr Flexibilität, indem sie ihr Kind auch hin und wieder alleine lassen können, ist durchaus verständlich. Dennoch sollte er nicht in einer Übereilung resultieren. Ist das Kind noch nicht bereit oder drohen eventuelle Gefahren, muss für eine Betreuung gesorgt werden. Dies gilt ebenso für Kinder, welche sich über Verbote hinwegsetzen – aus welchen Gründen auch immer. Die Eltern müssen daher erst einmal ihre eigenen Bedürfnisse ausblenden und die Gefahren realistisch einschätzen sowie verbannen, beispielsweise durch eine Betreuung des Kindes oder durch weitere Maßnahmen.

Wenn das Kind dann mal über Nacht allein zu Hause ist, gilt es einige Vorkehrungen zu treffen, um Sicherheit gewährleisten zu können. Vor allem in großen und damit für Einbrecher attraktiven Häusern sollte es an Sicherheitsmaßnahmen nicht fehlen. Dieser Punkt dient neben der Eindämmung der Einbruchgefahr vor allem auch der Beruhigung des Kindes, denn dessen Ängste vor dem Alleinsein sollten von den Eltern niemals unterschätzt werden.

Was, wenn das Kind zu viel Angst hat?

Solche Ängste sind völlig normal und mit etwas Übung in der Regel sehr gut in den Griff zu kriegen. Allerdings gibt es auch Ausnahmefälle, in welchen das Kind trotz Einbruchschutz & Co zu viel Angst vor dem Alleinbleiben hat. Was dann?

Mädchen alleine Zu Hause auf der CouchPin
Bild: © Prostock-studio / Fotolia

Betroffene Eltern sollten nicht direkt das Handtuch werfen, denn diese Angst zu überwinden, bringt auch dem Kind einen Vorteil im Sinne eines gesteigerten Selbstbewusstseins. Dennoch ist in solchen Fällen besonders behutsam vorzugehen. Die Dauer und Gründe der Abwesenheit sollten vorab mit dem Kind besprochen werden. Es ist wichtig, dessen Zustimmung zu gewinnen, anstatt aus dem Alleinsein eine Art Überraschung oder gar Strafe zu machen.

Die gezielte Frage nach den Ängsten des Kindes kann der Schlüssel zur passenden Lösung sein. Hat das Kind Angst, dass die Eltern nicht zurückkehren? Dann können Eltern und Kinder beispielsweise via App stets in Verbindung bleiben. Fürchtet sich das Kind hingegen vor Überforderung in einer ungewohnten Situation, können Nachbarn, die den betreffenden Zeitraum ohnehin zu Hause verbringen, vielleicht als Ansprechpartner im Notfall fungieren und dem Kind dadurch ein Gefühl der Sicherheit, Hilfe sowie Überwachung im positiven Sinne geben.

Das Alleinsein funktioniert zu Beginn natürlich tagsüber meist besser als am Abend oder nachts in der Dunkelheit. Wie bereits erwähnt, ist eben jedes Kind individuell und braucht daher unterschiedlich viel Zeit. Mit etwas Übung sollte es dann auch bei ängstlichen Kindern (im passenden Alter) früher oder auch etwas später funktionieren.


Wer hat's geschrieben?

Torsten Esser

Torsten hat das Vollzeit-Papa-Diplom. Er hat einen kleinen Sohn und eine Stieftochter, die er liebt, als wäre es seine eigene. Darüber hinaus hat er acht Semester lang "Soziale Arbeit" studiert. Mit einer unübertroffenen Mischung aus Wissen und Bauchgefühl, ist er der geborene Autor für dieses Magazin. Und ganz nebenbei kümmert er sich als Gründer und Inhaber von 1-2-family.de um alle Belange des Magazins. (Bild: © Chantal Reimann)

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