Früher mussten unsere Eltern uns bei schlechtem Wetter zwingen ins Haus zu kommen, heute ist es umgekehrt. Immer häufiger müssen wir unsere Kinder zwingen, nach draußen zu gehen, Freunde zu besuchen, oder gar einzuladen. Eltern verzweifeln mitunter an der neuen voll-vernetzten “virtuellen” Welt ihrer Kinder.

Mediensucht – schon Kleinkinder sind betroffen

Die Medien sind heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. In fast jedem Haushalt gibt es einen Smart-TV, mehrere Handys, Tablets und Pc‘s. Soweit in der heutigen Zeit völlig normal. Doch immer jüngere Kinder verbringen ihre Freizeit genau an diesen Medien. Bereits am frühen Morgen sitzen die Kinder vor dem Fernseher, aus der Kita zurück ist das Interesse am analogen Spiel sehr gering. Lieber wollen sie ihre Lieblingsserien schauen und den Nachmittag auf dem Sofa verbringen. Studien zeigen, dass der Wunsch nach dauerhaftem Medienkonsum bereits bei Dreijährigen stark ausgeprägt ist. Schon bei Ihnen besteht realistisch die Gefahr einer späteren Mediensucht.

Soziale Kontakte von Kindern verändern sich

Besorgniserregend ist die Veränderung der Sozialen Kontakte der Kinder. Ihr Interesse am Spiel mit Freunden reduziert sich. Selbst wenn Freude zu Besuch sind, wird nach kurzer Zeit nach dem Fernseher oder dem Tablet gefragt. Gemeinsam (und dabei fantasievoll) spielen, fällt den Kindern immer schwerer. Schnell sind sie gelangweilt und wissen nicht mehr, wie sie sich beschäftigen sollen. Sie verlernen schlicht das echte Spielen. Aus eigenem Antrieb suchen sie kaum Kontakte zu anderen Kindern und verbringen ihre Freizeit weder im Garten, noch auf dem Spielplatz. Ihre Sozialen Kontakte bestehen vermehrt aus fiktiven Figuren.

LESETIPP: Wie erkenne ich eine Mediensucht bei Kindern?

Immer mehr besorgte und ratlose Eltern

Diese Entwicklung bei Kindern, lässt besorgte und teils ratlose Eltern zurück. Denn häufig ist die Abnabelung von den kindlichen Freunden, bis hin zum „Medienjunkie“, sehr schleichend und fließend. Viele Eltern erkennen die Veränderungen erst spät. Natürlich machen sie sich in dem Moment Vorwürfe. Diese sind jedoch fehl am Platz. Denn ist das Kind sprichwörtlich schon in den Brunnen gefallen, muss das ja nicht zwingend so bleiben. Mit gezielten Regeln und einer Menge Geduld, lernen die Kinder wieder Spaß beim „normalen“ Spielen zu haben.

Eigene Medienkompetenz stärken

Nicht ganz unwichtig ist am Ende übrigens auch die eigene Medienkompetenz der Eltern. Denn nur wenn man selber ein Stück weit Schritt hält, kann man das Verhältnis seiner Kinder gegenüber Medien jeglicher Art, gut einschätzen. Was man unter Medienkompetenz versteht, und wie Eltern gegenüber ihren Kindern in diesem Bereich auf Augenhöhe bleiben können, hat das Rechtsportal Anwalt.org leicht verständlich zusammengefasst.


Abendliche Nutzung von Smartphone und Co. schadet dem Kinderschlaf


Medienkonsum von Kindern aktiv senken

Der erste Schritt für Eltern besteht darin, ehrlich und reflektiert darüber nachzudenken, wie viel Medienkonsum dem Kind täglich zur Verfügung steht. Natürlich soll dem Kind nicht jeglicher Kontakt mit Medien untersagt werden. Diese Vorstellung ist in der heutigen Zeit kaum umsetzbar. 30 Min. Fernsehen am Tag – oder eine Lern-App, die ab und zu auf dem Tablet gespielt werden darf, sind völlig in Ordnung. Die Zeiten dafür, sollten mit dem Kind besprochen und festgelegt werden. Bereits so ist der Medienkonsum wieder in einem vertretbaren Rahmen unterwegs.

Alternativen bieten – und Freude am Spielen neu erwecken

Kinder entdecken schnell wieder Spaß beim Spielen, und freuen sich mit ihren Freunden durch den Garten zu hüpfen. Manchmal brauchen sie dafür nur einen kleinen Schubser in die richtige Richtung, oder etwas kreativen Ansporn. Gemeinsame Unternehmungen als Familie, statt dem Sonntagnachmittag auf dem Sofa, können ein schöner Anfang sein. Unterstützen kann man die Kinder auch, indem man alte Freunde zum Spielen einlädt. Schnell blüht die alte Freundschaft wieder auf, und die Kinder erleben wieder viele gemeinsame (und spannende) Momente miteinander.

Die Freude am eigenen Spielzeug zu finden und das Spielen „neu“ zu lernen, fällt Kindern tatsächlich eher leicht. Denn genau dies liegt in ihrer Natur. Der Spieltrieb ist – genau wie die Neugierde – angeboren. Oftmals ist es so, dass Kinder sich auch mit alten Freunden, welche sie lange nicht gesehen haben, plötzlich wieder an lang vergessene Spielsachen setzen, um damit Szenen und Dinge nachzuspielen, welche schlicht ihrer aktuellen Lebenswelt entsprechen. Da wollte man als Mutter all die Stofftiere beinahe zum Trödel tragen, und plötzlich haben sie neue Namen, stehen voll auf Hiking (was auch immer das ist) – und müssen wieder zwingend beim Abendessen mit am Tisch sitzen!

Auf diese Weise wird es zwar nicht passieren, dass das Tablet irgendwann verstaubt und vergessen in der Ecke liegt. Aber wer seine Kinder beim Spielen am “Ball” hält, und ihnen immer wieder Anregungen gibt, wie sie ihre aktuellen Interessen beim Spiel mit einbinden können, der wird eine echte Mediensucht in jedem Fall verhindern können.


Wer hat's geschrieben?

Jacqueline Esser

Erzieherin, Mutter, Autorin

Jacqueline ist staatlich anerkannte Erzieherin, Fachkraft für U3 Betreuung und Inklusions- und Integrations Pädagogin. Neben ihrer beruflichen Laufbahn, ist sie Mutter von zwei Kindern. Einem Mädchen und einem Jungen. Ihre Erfahrungen schöpft sie also aus beruflichen sowie privaten Herausforderungen. Dies macht sie zu einer perfekten Autorin für unser Magazin.

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