Es sind eigentlich keine Neuigkeiten mehr, wenn in den Medien vor Übergewicht bei Kindern gewarnt wird. Dass die Anzahl kräftiger bis krankhaft übergewichtiger Kinder und Jugendlicher zunimmt, ist seit Jahren bekannt, und eigentlich weiß man auch, was die Risikofaktoren für die Kinder sind.

Trotzdem ändert sich bislang wenig, und inzwischen wird klar, wie gravierend die gesundheitlichen Folgen von Übergewicht bei Kindern sind. Wissenschaftler konnten in breit angelegten Untersuchungen feststellen, dass die allgemeine motorische Leistung, die Balance wie auch die Geschwindigkeit und der Krafteinsatz von Kindern und Jugendlichen im Sportunterricht in Zusammenhang mit dem Gewicht stehen.

Und mehr noch: Auch der Bildungsstand, der Bildungsstand der Eltern und der künftige Schulweg der Kinder ließ sich aus dem Gewicht bedingt vorhersagen. Konkret werden im Moment etwa 15 % der Kinder und Jugendlichen zwischen 3 und 17 Jahren als übergewichtig eingestuft (Grundlage ist der BMI), 6,3 % der berücksichtigten Kinder und Jugendlichen leiden unter Adipositas. 14.747 Kinder und Jugendliche (ungefähr gleich viele Mädchen und Jungen) aus ganz Deutschland, quer durch alle Bevölkerungsschichten und natürlich aus der Stadt ebenso wie vom Land wurden vom Robert Koch Institut in den Jahren 2003 bis 2006 in entsprechenden Studien begleitet.

Ursachenforschung: Lassen sich künftige Probleme minimieren?

Es klingt immer so nett, wenn von Ursachenforschung die Rede ist. Aber nur, weil man das Problem kennt, ist es nicht lange nicht gelöst. Es ist auffällig, dass die meisten Kinder und Jugendlichen mit Übergewicht aus sozial schwächeren Familien kommen, oft einen Migrationshintergrund haben und in vielen Fällen auch die Eltern übergewichtig sind. Nun hilft es natürlich nicht, mit dem Finger auf die Schwächsten im Sozialsystem zu zeigen.

Vielmehr sollte darüber nachgedacht werden, woher erstens die Gewichtsprobleme der Kinder und Jugendlichen stammen und wie man zweitens die voraussichtlich auf die Krankenkassen zukommenden Kosten in der Zukunft auffangen oder sogar minimieren kann. Der Schlüssel liegt in der Prävention.

Übergewicht: Der Schlüssel liegt in der Bildung

Die erste Fragestellung lässt sich relativ einfach beantworten, wenn die bereits aufgeführten Studien genauer betrachtet werden: Kinder und Jugendliche mit Übergewicht kommen oft schon mit einem hohen Gewicht geboren, die Eltern sind meist nicht schlank, oft wird in der Familie geraucht, und der Bildungsstandard ist eher niedrig.

Der Schlüssel liegt also in der Aufklärung. In Kindertagesstätte, Schule, Sportverein, Jugendtreff und wo sich die Kinder und Jugendlichen sonst so herumtreiben dürfen die Themen Ernährung und Bewegung durchaus thematisiert werden. Wenn die Eltern dabei mit angesprochen werden, ist das sogar noch besser. Damit diese Bildungsmaßnahmen da ankommen, wo sie benötigt werden, müssen sich die Familien aber auch Freizeitangebote wie den Sportverein leisten können. Es hilft also nichts, in der Schule nur Sport und Gemüse zu propagieren, wenn das Geld einfach nicht reicht.

Schulen müssen außerdem offener werden: Laut Studien werden Kinder aus sozial schwächeren Familien und Migrantenkinder immer noch anders bewertet als Akademikerkinder.

Sie bekommen seltener die Empfehlung für das Gymnasium (oft trotz guter Noten) und in den Familien ist der höhere Bildungsabschluss auch noch gar nicht als erstrebenswert angekommen.

Übergewicht bei Kindern: Einmal dick, immer dick?

Oft ist das der Fall. Je länger Kinder ihren Babyspeck mit sich herumtragen, desto wahrscheinlicher haben sie auch als Erwachsene Gewichtsprobleme. An gesundheitlichen Folgen kommt dazu, dass adipöse Kinder oft durch ein beschleunigtes Längenwachstum und frühe Skelettreife auffallen, bedingt durch den Insulinhaushalt. Das Bindegewebe reißt bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen. Dazu kommen hormonelle Veränderungen. Der Thyroxin-Wert im Blut ist erhöht (obwohl keine Schilddrüsenunterfunktion vorliegt), und der Insulin-Wert ist ebenfalls dauerhaft erhöht.

Das kann erstens zu einer Fettleber führen und zweitens auf lange Sicht in Diabetes übergehen. Der erhöhte Insulinspiegel ist außerdem Ursache für Hypertonie, was wiederum die Entstehung eines Schlaganfalls, eines Herzinfarkts und der Arteriosklerose begünstigt. Bei Mädchen sind die Testosteron Werte erhöht, was Unfruchtbarkeit begünstigt, während Jungen weniger Testosteron produzieren. Dafür sind sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen die Östrogen-Werte oft erhöht, was das Brustwachstum bei beiden Geschlechtern verstärkt. Bei übergewichtigen Kindern setzt die Pubertät früher ein.

Der gesamte Bewegungsapparat übergewichtiger Kinder wird zu stark beansprucht (erstens durch das erhöhte Körpergewicht und zweitens dadurch, dass die meisten dieser Kinder ohnehin nicht an sportliche Belastungen gewöhnt sind), Sehnen, Bänder, Muskeln und Gelenke weisen also früh einen übermäßigen Verschleiß auf. Orthopädische Erkrankungen, vor allem krankhafte Veränderungen der Hüft- und Kniegelenke sowie der Füße sind häufig. Nässende Ekzeme in Hautfalten, schlechter Schlaf durch Atemstörungen in der Nacht und ein erhöhtes Risiko für Asthma und Gallensteine (mit der Spätfolge Gicht) sind keine Langzeitfolgen, sondern sofort bemerkbar. Ernährungsumstellungen, Sport und Schulungen für Kinder mögen übertrieben klingen, sind aber letzten Endes allesamt wirksame Therapien.

Quellen und weiterführende Inhalte:

Wer hat's geschrieben?

Torsten Esser

Torsten hat das Vollzeit-Papa-Diplom. Er hat einen kleinen Sohn und eine Stieftochter, die er liebt, als wäre es seine eigene. Darüber hinaus hat er acht Semester lang "Soziale Arbeit" studiert. Mit einer unübertroffenen Mischung aus Wissen und Bauchgefühl, ist er der geborene Autor für dieses Magazin. Und ganz nebenbei kümmert er sich als Gründer und Inhaber von 1-2-family.de um alle Belange des Magazins.

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